So wie ich ein Faible für alte Sachen habe, haben andere eine Vorliebe für Kakteen. Zugegeben, Kakteen sind faszinierende Pflanzen. Sie können über einen längeren Zeitraum ohne Wasser auskommen, da sie Meister des Wasserspeicherns sind. Außerdem sehen Kakteen oft sehr ulkig aus. Mal wirken sie sehr architektonisch und bedrohlich mit ihren Stacheln, mal sehen sie süß und putzig aus und sind mit wunderschönen knallig-farbigen Blüten besetzt. Eins haben Sie aber mit meinen Vintage-Schätzen gemeinsam: Kakteen können sehr alt werden. Die ältesten Kakteen die ich (persönlich) kenne sind 1.200 Jahre alt und ca. 12 m hoch. Ja, ich meinte eintausend-zweihundert Jahre! Sie wachsen auf der Insel Incahuasi, die sich mitten auf der größten Salzwüste der Welt „Salar de Uyuni“ in Bolivien befindet. Ich weiß, 1.200 Jahre sind sicherlich ein paar mehr Jahre als die meisten meiner Antiquitäten auf dem Buckel haben...trotzdem ist es eine Gemeinsamkeit.
Herr X liebte auch Kakteen. Oder besser gesagt, liebt immer noch Kakteen, denn auch wenn ich ihn länger nicht gesehen habe, glaube ich nicht, dass er verstorben oder sein Faible für diese stacheligen Gesellen abgeklungen ist. Herr X hieß natürlich nicht Herr X, aber um seine Identität zu schützen, werden wir ihn so nennen. Herr X war ein sehr netter Pfleger im Altersheim meines Opas. Ich habe ihn nie richtig kennengelernt, sondern nur bei Gelegenheit getroffen, wenn wir aus Südamerika in Deutschland zu Besuch waren. Aber ich weiß, dass er von Kakteen begeistert war, diese sammelte und ich und meine Familie für ihn zu Kakteenschmugglern wurden. Mein Vater wollte nämlich dafür sorgen, dass mein Opa im Altersheim gut versorgt und behandelt wurde. Da erfuhr er das Herr X diese kleine Schwäche hatte. Und Schwächen können gut zur Bestechung ausgenutzt werden, dass ist zumindest das, was ich aus Hollywoods Gangsterfilmen gelernt habe. Der Deal war folgendermaßen: Wir bestochen Herrn X mit ein paar Kakteen und im Gegenzug kümmerte er sich gut um meinen Opa. Man kann also sagen, dass Herr X und meine Familie eine kleine kriminelle Beziehung pflegten. Jedes Mal wenn wir nach Deutschland zu Besuch kamen, wickelten wir ein Paar Kakteen in Zeitungspapier ein und packten die Schmuggelware zwischen Schlüpfer und Socken in unsere Koffer. Ab und zu schickten wir auch Päckchen per Post. Ich muss schon sagen, ich bin überrascht, dass wir nie am Flughafen erwischt wurden. Wir waren nämlich eindeutig Amateure. Aber vielleicht haben wir nur etwas Glück gehabt. Herr X hätte eine Kakteenschau eröffnen können, so viele Kakteen haben wir für ihn geschmuggelt! Aber der Deal war fair, denn Herr X war sehr liebevoll und geduldig mit meinem Opa.
Ich muss ehrlich gesagt eingestehen, dass ich eigentlich nicht über Kakteen schreiben wollte. Ein Blick auf das Bild oben verrät euch, dass ich meine Minikakteen in eine Art Metallkorb (oder wie auch immer man das Ding nennen soll) zu einem schönen Ensemble geformt habe. Meine Kakteen sind gar nicht so alt und der eigentliche alte Flohmarktschatz ist der Metallkorb. Ich wollte eigentlich darüber schreiben, aber meine Gedanken sind von meinem eigentlichen Ziel abgeschweift. Ihr wisst wie es manchmal so ist mit der Träumerei. Immerhin bin ich mir sicher, dass Herr X das Kakteenensemble mit Metallkorb und allem drumherum sehr schön gefunden hätte. Ich bin mir aber unsicher, ob ich es Ihm für eine Gegenleistung überlassen würde.
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